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halten: Trösten ist unverzichtbar




        Erfahrungsbericht
        Lebensbedrohliche Diagnose




                     – und dann getröstet?








        Im Alter von 62 Jahren wurde bei    fühlslage – nach außen hin gelassen,   der Freunde war zwar
        einer Vorsorgeuntersuchung in mei-  innerlich aufgewühlt – zu artikulie-  kein unmittelbarer Trost,
        nem Darm ein größerer Polyp ent-    ren. Worte wie „Kopf hoch!“, „Das    aber Gott hatte sie gehört.
        deckt. „Den entfernen wir gleich mit   wird schon!“ halfen da wenig weiter.
        der Schlinge“ meinte der Arzt, „ wir                                     Das Ganze liegt nun
        werden das zur Untersuchung in      „Und wie geht es deiner Seele?“ Das   17 Jahre zurück, alle
        die Pathologie geben. Wenn Sie vor   drang tiefer! Dieser Freund merkte,   Nachuntersuchungen
        meinem Urlaub in 14 Tagen nichts    dass ich mit der Situation nicht gut   bislang waren ohne
        mehr hören, ist alles in Ordnung.“  umgehen konnte, und half mir u. a.   Befund. (E. G.)
                                            durch sein verständnisvolles Zuhö-
        14 Tage Ungewissheit können lang    ren, als ich mich öffnete.
        sein! Dann, nach ca. 10 Tagen, ein
        kurzer Anruf: „ Kommen Sie bitte in   Die geistlichen Freunde darunter
        meine Praxis.“ Mir schwante nichts   waren recht erschrocken. „Wir be-
        Gutes! „Du hast Krebs!“ schoss es   ten für dich, mal schauen, was Gott
        mir durch den Kopf.                 draus macht!“ Die Worte hörte ich
                                            wohl, allein mir fehlte der Glaube!
        Die Auskunft des Arztes vor Ort     Und er fehlte mir trotz vieler guter
        bestätigte meine  Vermutung: „Sie   Erfahrungen mit IHM.
        haben Darmkrebs zweiten Grades,
        so etwas ist durch Entfernung eines   Mein Bett-Nachbar im Kranken-
        Stück Darms operabel, aber so wie   haus hatte einen künstlichen Darm-
        die Stelle des Polypen war, werden   ausgang. „Schau’s dir an! Kein echtes
        Sie einen künstlichen Darmausgang   Problem!“ Aber: Er wusste, dass sei-
        benötigen.“ Er bemerkte mein Er-    ner zurückverlegt werden würde.
        schrecken. „Keine Sorge, so etwas
        haben  viele  Betroffene,  zum  Bei-  Es wurden 22 cm Darm entfernt.
        spiel auch aktive Leistungssportler.“   Während der OP entschied sich der
        Die gut gemeinten  Worte waren      Arzt, keinen künstlichen Ausgang
        für mich kein Trost. Ein künstlicher   zu legen. Meine hierdurch neu ge-
        Darmausgang? Unvorstellbar, das     wonnene Zuversicht versandete aber
        belastete mich zunächst fast noch   mehr und mehr, da das pathologi-
        mehr als die Krebsdiagnose.         sche Resultat der OP fast 14 Tage auf
                                            sich warten ließ. Diese Verzögerung,
        Die  sofort  notwendige  OP  wurde   was sollte das bedeuten? Ängste stie-
        kurzfristig vereinbart.             gen in mir hoch: Chemotherapie?
                                            Doch noch ein künstlicher Ausgang?
        Als ich davon in meinem direkten    Und was dann?
        Bekanntenkreis berichtete, erzählte
        ich zwar die Fakten, aber ich war nur   Sie fanden dann schließlich keine
        gegenüber wenigen Freunden in der   einzige Krebszelle. Kein künstlicher
        Lage, meine stark schwankende Ge-   Ausgang, keine Chemo! Das Gebet



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